Unverfänglich
Konkret
Katrin Bremermann
Angelika Dierkes
Kiki Gebauer
Franz Küsters
Doris Marten
Maria Muñoz
Klaus-Martin Treder
Katrin Bremermanns mit Acrylfarbe auf Leinwand erstellte, großformatige Arbeit bewegt sich zwischen Malerei und Objekt. Mit klaren geometrischen Formen und kontrastreichen Flächen in Rot, Schwarz und Blau schafft sie eine spannungsvolle Komposition. Die schräg angesetzte, abgerundete obere Fläche durchbricht das starre Rechteckformat und verleiht dem Werk eine dynamische, skulpturale Qualität. Die Farben erinnern an die Konkrete Kunst, sie stehen nicht für Emotion, sondern für autonome visuelle Kraft. Durch ihre reduzierte, aber präzise Formensprache fordert die Arbeit eine aktive Auseinandersetzung. Sie überschreitet die klassischen Grenzen des Tafelbildes und verankert sich als Objekt im Raum. Dabei knüpft Bremermann an bekannte Positionen etwa aus der Minimal Art oder der Konkreten Kunst an, formuliert jedoch eine ganz eigene Sprache. Ihre Werke thematisieren das Verhältnis von Fläche, Farbe und Raum und zeigen, wie aus minimalen Mitteln maximale Wirkung entstehen kann.
Die zweiteilige Wandarbeit „Densidad del Color IV“ der in Chile geborenen Berlinerin María Muñoz entstammt ihrer gleichnamigen Serie. Das Objekt, dessen beiden Teile in verschiedener, flexibler Weise zueinander positioniert werden können, weist so auch einen je unterschiedlichen Farbverlauf auf. Das in seiner Struktur an gewebte, mitunter als „indigen“ lesbare Textilien erinnernde Relief überrascht in seiner plastischen Ausformung durch unterschiedliche Farbnuancen. Je nach Standpunkt der Betrachtenden im Raum ergeben sich jeweils andere Farbeindrücke, die sich auch als räumliche Eindrücke ausweisen: aufgrund der skulpturalen Konzeption und der Plastizität des Objekts nehmen die Farben in der Wahrnehmung an verschiedenen Stellen unterschiedliche Dichte an, variiert so auch die Atmosphäre, die die Arbeit erzeugt.
Klaus-Martin Treders skulpturale Arbeiten bedingen Bewegung im Ausstellungsraum. Mit seinem aus Papier und einer lackierten, pulverbeschichteten Stahlkonstruktion bestehenden „Object 12“ (2014) zeigt Unverfänglich Konkret ein Werk aus Treders Objektserie „Scene at Night“. Bemalte Papierbahnen, die in nuancierten Gelb-, Grau-, Beige- und Schwarztönen gehalten sind, hängen bis über den Boden von einem oben kreisrund geformten Stahlgestell in gelber Farbe herab, das nach unten hin ellipsenförmig wird. Die Betrachtenden werden aktiv in den Wahrnehmungsprozess einbezogen, wenn sie das mit über zwei Metern Höhe fast schon raumgreifende Objekt umrunden. Dabei verändert sich ihre Perspektive von einer hellen, leuchtenden zu einer dunkleren, gedämpften Seite, von einer „Dayside“ zu einer „Nightside“. In dieser Bewegung vollzieht sich ein Übergang von Fläche zu Raum, von Zwei- zu Dreidimensionalität. Gleichzeitig wird das Verhältnis von Teil und Ganzem erfahrbar. Farbe und Raum überlagern sich, Licht und Schatten zerschneiden den Raum in fließende Bänder. Im Zwischenbereich entstehen fein abgestufte Differenzierungen, die nicht nur funktionaler Natur sind, sondern auch mit den emotionalen Zuweisungen und Interpretationen der Betrachtenden flirten.
Kiki Gebauers Skulptur „Gestapeltes“ ruht auf einem quaderförmigen Podest, das mit einer Spiegeloberfläche versehen ist. Allerdings täuscht die Ruhe, denn das aus vielen Einzelelementen bestehende Objekt (Holz, Acryl und Spiegel) scheint bei näherem Hinsehen geradezu zu flimmern vor Farbeindrücken – sowohl bei einem Blick von außen als auch nach innen, durch die mittige Öffnung. Der Effekt entsteht dadurch, dass nur die farbigen Flächen der stapelartig angeordneten, lichtgrauen Holzelemente nach unten zeigen, die Farben aber gleichzeitig nur auf der Oberfläche von statt der Hölzer eingeschobener Spiegel als Reflexionen sichtbar werden. Ähnlich verhält es sich sogar dort, wo keine Spiegel eingeschoben sind: hier reflektiert die lichtgraue Oberfläche der Holzelemente in anderer, subtilerer Weise die darüber „schwebende“ Farbe. Da sich der materielle Unterschied dieser beiden unterschiedlich reflektierenden Oberflächen auch auf den zweiten Blick kaum als solcher zu erkennen gibt, entsteht eine irritierende Wahrnehmung, die sich zudem bei variierendem Lichteinfall im Ausstellungsraum jederzeit neu ausrichten muss.
Die Arbeiten aus Angelika Dierkes Serie „Ancient Wording“ (Graphit und Acryl auf Papier) überzeugen durch formale Strenge einerseits, offene Konfigurationen andererseits – was sich durch die händisch gezeichneten, Flächen verbindenden Elemente verstärkt. Die Arbeiten der Serie schöpfen ihre Inspiration dabei aus geometrischen Mustern und Ornamenten, die aus zahlreichen alten Kulturen überliefert sind. In deren visuellen Sprachen entstanden durch den Einsatz elementarer Formen wie Viereck, Dreieck und Raute oft eindrucksvolle Zeugnisse menschlicher Gestaltungskraft. Ihre schlichte Klarheit und symbolische Dichte faszinieren bis heute, machen sie doch deutlich, warum die Wirkung universeller Formen zeitlos ist. Die spielerische Auseinandersetzung mit ihnen eröffnet immer neue Möglichkeiten kompositorischer Entfaltung, deren Variantenreichtum scheinbar keine Grenzen kennt.
Franz Küsters (*1938) bewegt sich in seinem Werk oft zwischen Malerei und Objektkunst. Auch die bei Unverfänglich Konkret gezeigten Arbeiten sind Ergebnisse seines kontinuierlichen Forschens an Form, Farbe, Fläche sowie Licht und Schatten. Sie verbinden geometrische Abstraktion mit einer sinnlich-visuellen Vielfalt im Sinne konkreter Kunst. Die Farben sind kraftvoll und kontrastreich, die Formen sind präzise Studien ihrer gestalterischen Möglichkeiten. Küsters’ konzeptioneller Ansatz beruht auf einem Denken, in dem das Sehen selbst zum aktiven Teil des Erkennens wird. Die Betrachtenden sind aufgefordert, sich im Raum zu bewegen, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen, um die Werke in ihrer gesamten Farb- und Formdifferenz zu erfassen – und damit die Veränderlichkeit des Sichtbaren unmittelbar zu erleben.
In ihrer Werkgruppe „Layers“ widmet sich Doris Marten der vielschichtigen Wirkung von Farbe. Sie untersucht, wie sich ein und derselbe Farbton je nach farblichem Kontext unterschiedlich wahrnehmen lässt. Die fein abgestimmte Abfolge verschiedenfarbiger Linien gliedert nicht nur die einzelne Fläche und verleiht ihr Rhythmus, sondern beeinflusst zugleich die Wirkung angrenzender Elemente und die Gesamtkomposition des Bildes. Mit Lineal und Tuschstift zieht Marten auf Alu-Dibond-Platten etwa einen Millimeter schmale, durchgängige Linien – ohne abzusetzen. So entstehen klare, konstruktive Farbstrukturen in ihrer elementarsten Form. Die farbigen Linien formen quadratische oder rechteckige Flächen, die das Bildfeld füllen. Dabei überlagern, durchdringen oder schneiden sich die Formen, bleiben jedoch stets in einem strengen Raster aus horizontalen und vertikalen Ausrichtungen. Jedes Werk der Serie basiert exakt auf sieben Farbtönen – für Marten eine bewusste Begrenzung, die, ganz unverfänglich konkret, einerseits Vielfalt ermöglicht, andererseits Beliebigkeit vermeidet.
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Der Ausstellungsraum B-Part Exhibition begleitet die künftige Entwicklung der Urbanen Mitte Am Gleisdreieck mit künstlerischer Autonomie und tritt somit zugleich in einen Dialog mit den übergeordneten Themen des Gesamtprojekts – Formen des New Work, Co-working, Kultur und Sport – und schafft Synergien zwischen künstlerischen, kulturellen und sozialen Ansätzen. Künstlerischer Leiter des B-Part Exhibition ist Rüdiger Lange (loop – raum für aktuelle kunst). |
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