B-Part Exhibition

Susanne Piotter –
Alternate Angles





In „Alternate Angles“, ihrer ersten Einzelausstellung bei „B-Part Exhibition“, nimmt die in Berlin lebende Künstlerin Susanne Piotter (*1969) variationsreich die Formenwelt des Betonbrutalismus der Nachkriegszeit unter die Lupe – eine Welt, die vertraut ist und doch weit entfernt wirkt. Es sind Arbeiten mit Kubaturen ohne gemeinsamen Nenner, fragil wirkende und doch stabile Ausformungen mit unterschiedlichsten Umrissen, die den Betrachter augenblicklich in eine vergangene Zukunft katapultieren. Mit ihren kleinformatigen Plastiken und Strukturen aus Beton zeigt die Künstlerin hier, dass der längst in die Jahre gekommene Architekturstil auch einen zweiten und dritten künstlerischen Blick lohnt.

Für „Alternate Angles“ hat die Künstlerin Werke aus drei verwandten Serien ausgewählt: „Artefakte“, „Repetitive Structures“ und neueste Arbeiten, die das Motiv der Röhre in den Fokus setzen. Jeweils aus mit Pigmenten getöntem Weißzement gegossen und dort, wo Details und Elemente ihrer Arbeiten hervorgehoben werden sollen, von ihr in Signalfarben eingefärbt, erscheinen insbesondere ihre „Artefakte“  als Modelle von Architekturen, wie man sie etwa aus Sciencefiction-Filmen der 1970er Jahre (er)kennt.

Die Anmutung täuscht nicht, denn Piotter, die u. a. Mediendesign und Bühnenbild studierte, greift beim Produktionsprozess ihrer Kleinplastiken Dimensionen des Nostalgischen auf – wobei das Experiment im Vordergrund steht, denn die Arbeiten finden zu ihrer Form ausschließlich während des Ausarbeitens der Negativform, sie sind also nicht vorgedacht. Modelle sind Piotters „Artefakte“ dabei allerdings nur vermeintlich, begreift die Künstlerin die mit eckigen und runden, flacheren und voluminöseren Formen ausgestatteten Plastiken als Skulpturen im eigenen Recht, die nicht auf ein größeres „Eigentliches“ verweisen. Dementsprechend kennen ihre geradezu handlichen „Artefakte“ auch keine räumliche Ausrichtung und könnten über die Dauer einer Ausstellung immer wieder neu und anders gedreht gestellt werden, variabel.

Anders ihre „Repetitive Structures“: als eher flache Betonarbeiten, in denen sich Wiederholung sowohl als Ornament als auch als konstruktive Bedingung zeigt, spielen diese Arbeiten mit der auch im Brutalismus nicht unüblichen Idee des Dekors und des plastischen Gefüges. Sie sind so eher an Wand und Boden zu verorten als auf Sockeln, sind weniger autonom als vielmehr Ausschnitt einer denkbar noch größeren Struktur.

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1 Es dürften dabei nicht nur Ausstellungen mit internationaler Ausstrahlung wie „SOS Brutalismus“ (2017, Deutsches Architekturmuseum) gewesen sein, die dem Thema Brutalismus zuletzt neue Zuwendung zuteilwerden ließen. Vielmehr sind es auch tägliche Begegnungen im Stadtraum und das aktuelle Ringen um Nach- und Neunutzungen, die diese vergangene Architekturepoche Fragen an die Gegenwart stellen lässt – gerade auch in Berlin, wo Gebäude und Gebilde wie der Mäusebunker, der Bierpinsel oder die beiden von Brandlhuber+ genutzten „San Gimignano Lichtenberg“-Türme derzeit verstärkt Aufmerksamkeit erfahren.


Auch Piotters „Röhren“-Arbeiten geben sich als Ausschnitte zu erkennen. Diese ebenfalls flachen, gleichfalls gegossenen Betonplatten, durch die sich aufgeschnittene Röhrenstrukturen ihren geordneten Weg zu bahnen scheinen, lassen an Systeme der Kommunikation, Versorgung und Infrastruktur denken (Rohrpost, Centre Pompidou, U-Bahn), kunsthistorisch aber auch etwa an ähnliche Formen im Werk Eduardo Paolozzis. Wie bei Susanne Piotters anderen Serien gilt für diese Ausstellung auch hier: der Blickwinkel auf ihre Arbeiten ändert sich je nach Zuschreibung, denn so, wie auch die Röhren-Arbeiten auf kein „eigentliches Größeres“ verweisen, keine Modelle sind, sondern „offene“ Arbeiten, bleibt es der Vorstellungskraft vorbehalten, zu bestimmen, was sie noch alles sein könnten, alles sind.

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Der Ausstellungsraum B-Part Exhibition begleitet die künftige Entwicklung der Urbanen Mitte Am Gleisdreieck mit künstlerischer Autonomie und tritt somit zugleich in einen Dialog mit den übergeordneten Themen des Gesamtprojekts – Formen des New Work, Co-working, Kultur und Sport – und schafft Synergien zwischen künstlerischen, kulturellen und sozialen Ansätzen. Künstlerischer Leiter des B-Part Exhibition ist Rüdiger Lange (loop – Raum für aktuelle Kunst).




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