Figur des Körpers
Eröffnung | Opening:
19. September, 20 Uhr
Öffnungszeiten | Hours:
19. September - 19. Oktober
Mittwoch - Samstag| 14-18 Uhr, 2 pm - 6 pm
Adresse: Jägerstrasse 5, 10117 Berlin-Mitte
Helen Cho
Anne Hoenig
Christine and Irene Hohenbüchler
Petra Karadimas
Norbert Kiby
Jürgen Kisch
Susanne Ring
Bernadette Rottler
Martin Städeli
Justin Storms
Der loop – raum für aktuelle kunst zeigt in der kommenden Ausstellung unter dem Titel „Figur des Körpers“ Arbeiten der KünstlerInnen Martin Städeli, Christine und Irene Hohenbüchler, Susanne Ring, Bernadette Rottler, Norbert Kiby, Justin Storms, Anne Hoenig, Jürgen Kisch, Helen Cho und Petra Karadimas. Die Ausstellung thematisiert das Wesen-tliche des Körpers, den Körper im Raum, zu dem er Beziehung aufnimmt, die Transformation und Interaktion zwischen Körperhaftigkeit und Figürlichkeit und die Kommunikation zwischen Raum, Plastizität und Stofflichkeit.
Multiple Persönlichkeiten
Das Wesen, das hinter der Figur steckt, die nur als Hülle, als Träger der Information fungiert, rückt in den Mittelpunkt der Arbeiten. So muten die Keramik-Figurinen von Susanne Ring wie ein archaisches Ensemble multipler Persönlichkeiten an, die doch kein Abbild eines bestimmten Menschen sind, sondern Zustände modulieren, ausgeformte Empfindungen im Betrachter wecken und gleichzeitig an Bilder des kollektiven Unterbewusstseins appellieren. Eine ständige Dynamik, in der die Komplexität individueller Bewusstseinszustände erscheint, lässt das Ensemble zu einer einzigen Erfahrung verschmelzen. Während Farbgebung und intensive Formulierung des Körpers dort zutage treten, nähert sich Martin Städeli dem Thema mit den Materialien Zeitungspapier und Pappe. Das Ausgangsmaterial, das Assoziationen an Überflüssiges, an Reste, an überkommene Information weckt, wird hier zum plastischen Werkstoff. Städeli fügt abstrakte Einzelformen zusammen, er konstruiert mit der Dekonstruktion, mit dem Verfall. Seine fragilen Plastiken lenken den Blick auf die Form, die Eigenschaften der jeweiligen Figur, ihren Zustand, ihre Haltung. Der Komplex Körper-Hülle und die Korrespondenz zwischen den „unscheinbaren“ Skulpturen und ihrer Dynamik, die im Raum greifbar wird, treten hier zutage.
Ritual und Raum
Nahe am Figurativen wie es der genetisch programmierte Blick des Betrachters sucht, zeigen sich auch die Zeichnungen und Malereien von Justin Storms, der nach Ähnlichkeiten und Assoziationen in der Gedanken- und Rezeptionskette sucht. Der Naturraum, eine weit entfernte und doch im Unterbewußtsein abgespeicherte Sphäre aus der archaischen Jäger-Kultur, tritt prägnant und doch neblig wie ein Traumbild auf. Die Mystik, die seine Walfangszenarien umgibt, weckt verborgene, verschüttete Erinnerungen an die ursprüngliche Einheit und Verbundenheit zwischen Mensch und Natur, Bewegung, Körper und Raum, die im Ritual der Jagd ihren Niederschlag fand. Jürgen Kisch, dessen Malereien mehr indizieren als zeigen, formt natürlich anmutende Figurenfragmente, deren organische Beschaffenheit, Farbe und Form ein Schlüssel zur Erfahrung der Ent-körperlichung des Körperlichen darstellt.
Sommertagsträume
In die Erfahrungswelt Natur ist auch das mythische, quasireligiöse Motiv in den Bildern von Bernadette Rottler eingebettet. Ihre Körper scheinen Teil der Natur zu werden. Die Einbettung in Pflanzen und organische Lebensformen verorten und verweben ihre Figuren in das Chaos der Natur, in eine psychische Parallelwelt, die gleichzeitig durch den Lichteinfall und Schattenwurf verklärt und entrückt wirkt. Ihre Gras-Nymphen zeigen sich von flirrender, unwirklicher, intensiver Farbigkeit und doch unklar wie ein Sommertagstraum. Grotesk zeigen sich die Protagonisten bei Norbert Kiby. Ein gestischer Duktus, grob verkantete Gesichtszüge und ein blickloser Blick aus leeren Augenhöhlen treffen den Betrachter. Die dynamische expressive Darstellung zwingt den Betrachter, die eindrückliche Bewegung, die Prozesshaftigkeit, Wandlung der Figuren zur Kenntnis zu nehmen. Auch im Stillstand bewegen sich die Körper, nehmen Plastizität und Narrativität an.
Anne Hoenig konstruiert über die Figur im Raum die Tiefe der Komplexität. Die elementaren Farben Purpurrot und Gold bestimmen die bildnerische Atmosphäre, der Körper ist präsent und doch rücken Zustand und Haltung seine Biographie in einer psychologischen Dimension in den Vordergrund.
Virtualität und Metamorphose
Helen Cho spielt mit dem Vorwissen des Betrachters um Figur, Wesen und Abbildung, wobei sie ihren Bildern gleichzeitig etwas Virtuelles und Klassisches zu geben vermag. Ihre Rekonstruktion spielt mit Medienreferenzen und Identität, formal deuten die Arbeiten (Zeichnungen auf Kunstleder) zugleich einen Bezug zum Körper als Hülle, Haut, als Lebens-Träger an, die dadurch haptischer, lebendiger und weicher als auf Papier sind. Das Spiel mit Realität und Fiktion beherrscht die Bilder von Petra Karadimas. Changierend zwischen Schärfe und Unschärfe erzeugen ihre fotorealistischen Bilder eine Hyperrealität, wobei die Figuren seltsam kommunikationslos, isoliert wirken. Die Fotografie -Ausgangspunkt ihrer Arbeit - ist nicht länger Abbild der Wirklichkeit. Und mit den Zeichnungen von Irene und Christine Hohenbüchler löst sich der Begriff der Figur endgültig vom Bildträger. Die filigranen Pflanzenstudien wiederum tragen Werden und Vergehen in sich. Sie sind eine Rekonstruktion der Evolution, der Schöpfung, Trägerzeichen der ewigen Metamorphose des Körperlichen. Die pflanzlichen Figuren stellen das Organische, prozesshaft Wachsende dar und verweisen damit auf die Interaktion innerhalb einer multiplen Autorenschaft: zwei Körper schaffen ein Bild.
loop – raum für aktuelle kunst's current exhibition is entitled “Figur des Körpers” [Figure of the Body] and features work by Helen Cho, Anne Hoenig, Christine and Irene Hohenbüchler, Petra Karadimas, Norbert Kiby, Jürgen Kisch, Susanne Ring, Bernadette Rottler, Martin Städeli, and Justin Storms. How can the “essence” of the body be defined when definitions of “body” and “figure” continually fluctuate as the form communicates with space, plasticity and materiality?
Multiple Personality
At the forefront of Susanne Ring's work, the figure understands itself to be a screen, personifying and externalizing what is behind it. However, the ceramic figures, created in an amalgamation of archaic styles, point to multiple personalities and perceptions of the body that are never reconciled. Perhaps then, there is no universal image of humanity because the body is either modified by its context, skewed by the viewer's preconceptions, or equated to the ever-existing image-bank of the collective unconscious. Once Ring's shifting constants are taken together, however, the varying perspectives are merged into one, and the viewer is able to comprehend the complexity of the individual consciousness. Although color and form are usually markers used to define the body, Martin Städeli uses newsprint and pasteboard, bringing associations of the superfluous and the left-over to mind. Städeli constructs abstract, individualist forms with deconstruction and decay. How can the figure's own disfiguring hint at its very interior condition? The viewer can perhaps reconcile that a constructed figure can be a signifier—however modestly its materials—but its own undoing is what intimates an indubitable spirit.
Ritual and Space
The viewer cannot help to draw from the genetic lexicon when interpreting the figure, especially in the enigmatic drawings and paintings of Justin Storms. The natural world and the culture of the archaic hunter are far removed from our contemporary understanding, but through the lens of cultural association, a foggy, dream-like picture arises from our subconscious. The feeling of mysticism that surrounds the whaling scenes wakes hidden, buried memories; recollections rise unbidden of solidarity between man and nature, body and space, precipitated by the ritual of the hunt. With Jürgen Kisch's painting, there is more than meets the eye, as he combines natural-seeming figure-fragments with organic look and color, so, at once, one can view the body's form disembodied from its own physicality.
Summer's Dream
The natural world in Bernadette Rottler's paintings is not only mythical but quasi-religious: the archetypal figure, entangled in the plant life and woven into the plots of the natural world, is thus defined and elucidated by the surrounding light and shade. Rottler's fanciful grass nymphs appear, fleetingly, intensely colorful and unreal and as hazy as a summer's dream. Grotesque subjects appear in the works of Norbert Kiby: a gesticulating character with roughly-hewn features confronts the viewer with empty eye sockets —this dynamic expressiveness forces the viewer to contemplate the artist's creative process—from inception to transformation. In moments of stillness, the bodies stir in Kiby's work, unleashing narrative fury upon the canvas. Anne Hoenig fashions figures in space with a depth of complexity rarely seen: although the primary colors crimson and gold define the room in sculptural terms and situates the body in the space, the body's physical presence is sublimated by its unstated narrative and psychology.
Virtuality and Metamorphosis
Using recognizable contemporary and classical references, Helen Cho plays with the foreknowledge of the viewer's response to her drawings. Using leatherette instead of paper, Cho not only directs her viewers to contemplate art as an extension of the body, all the while understanding that her pen-strokes become more alive, tactile, and softer with this new medium than on paper. The correspondence between reality and fiction figures prominently in the photographs of Petra Karadimas. Fluctuating between sharpness and blurriness, her photo-realistic pictures create a hyperreality in which the figures are strangely uncommunicative, isolated in a stringently formal construction. Photography—the starting point of her work--is no longer representative of reality. And in the drawings of Irene and Christine Hohenbüchler the term “figure” is finally separated from the context with which it is usually associated. These studies of plants not only symbolize growth and decay, they also embody eternal physical transformation. Their vegetable-figures not only refer to the organic process of growth, but to the creative process that these two authors have written: that two bodies always create an image.