Archive: Ausstellung 1998

Juliane Duda

Virtual loop

Titel:
Virtual loop
Juliane Duda
Ort: loop - raum für aktuelle Kunst,
Schlegelstraße 26/27 (Aufgang 2, 1. St.)
10115 Berlin-Mitte
Eröffnung:
Freitag 21.08.1998 20Uhr
Ab 22 Uhr Lounge im half loop
Ausstellungsdauer:
22.08. - 19.09.19 98
Öffnungszeiten:
Mi. bis Sa. 14 - 18 Uhr
Künstlerische Leitung:
Rüdiger Lange

Der Ausstellungsraum »loop« selbst steht in der Ausstellung »Virtual loop« von Juliane Duda im Mittelpunkt. »Virtual loop« simuliert den »Raum im Raum« in einem die Wahrnehmung irritierenden Spiel mit Dimensionen und Oberflächen.

Die drei computerdesignten großformatigen Bilder sind indes keine exakte Wiedergabe des Ausstellungsraums wie es auf den ersten Blick scheinen mag:  so wurde etwa hinter den lichtdurchfluteten Fenstern der Abbildungen jegliche -in Wirklichkeit vorhandene- Architektur überzeichnet. Die Fenster sind reines Licht, Projektions- und Oberfläche.

Zu sehen sind in dem virtuellen Ausstellungsraum auf den Abbildungen fünf Objekte: ein Triptychon, das  Seewellen zeigt, eine Mondfotographie, eine zweite Seewellen-Aufnahme, als »Säule« gestaltet, eine Fotographie der »Steinernen Blume« und schließlich eine Aufnahme eines Raumes mit Möbeln und einem Fernseher.

Im Zentrum steht dabei das Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt. Der Wunsch des Menschen, sich mittels seiner Umgebung eine natürliche Idylle zu schaffen, führt letztendlich zu einer Transformation von Natur und natürlichen Elementen, die den menschlichen Bedürfnissen angepasst werden. So werden die See-Wellen in Säule und Triptychon zur Architektur. Ursprüngliche Materien wie Wasser-Wellen, Pflanzen und Holz, natürliche Phänomene wie Sonnen- und Mondlicht erfahren eine tiefgreifende Umwandlung in künstliche Oberflächen - die Natur wird zum Medienbild. Dabei aktivieren sich die virtuellen Kunstwerke auch gegenseitig: das Mond-Bild etwa, das Juliane Duda im künstlichen Galerieraum direkt neben die hellen Fenster plaziert hat, absorbiert in seiner Dunkelheit das Sonnenlicht und weist mit seinem Gegenüber, den »See-Wellen« auf das »mystische« Verhältnis von Mond und Gezeitengang hin.

Mit dem Abbild der »steinernen Blume«, einem Motiv aus einem gleichnamigen russischen Märchenfilm, greift die Künstlerin zugleich auf den aus früheren Arbeiten bekannten Märchen-Kontext zurück. Die »Blüte« der steinernen Blume symbolisieren Lichtstrahlen. Die Metapher einer »steinernen« Blume, die das Bild der Natur ohnehin ad absurdum führt wird zusätzlich durch die Verwendung eines Video-Stills als Vorlage verstärkt: die Bewegung und Lebendigkeit wird »eingefroren« oder selbst »versteinert«.

Die Sehnsucht, sich mit Natur zu umgeben schlägt sich in der Raumgestaltung nieder. Auf dem virtuellen Ausstellungsbild, das ein Interieur zeigt, ist ein »klassischer« Wohn- oder Arbeitsraum zu sehen. Ausgestattet einerseits mit Holzfurnierimitatsmöbel andererseits mit modernen Medien, womit sich ein Spannungsfeld zwischen Tradition, Natursehnsucht und moderner Lebenswelt bildet. Das simulierte Interieur-Bild ist dabei in sich eine Imitation: Die Holzmaserung der Möbel, Wände und Oberflächen sind selbst reine Projektionen wie auch die Licht- und Farbgebung des Raumes verändert wurden. Die Furnierprojektionen schließlich sind gleichfalls eine Täuschung und schließen den Kreis innerhalb des »Virtual loop«: aus Videostills von Seewellen wurden scheinbare Holzoberflächen.

Dennoch besteht nicht die Gefahr, daß der Besucher im »Virtual loop« die Orientierung verliert. Ein sechstes Objekt steht für die reale Ebene der Ausstellungssituation, für die faß-bareWirklichkeit und verbindet zugleich die drei virtuellen loop-Abbildungen mit dem Raum selbst, indem es selbst auf ihnen im Vordergrund zu sehen ist. Der viereckige, stoffüberzogene Gegenstand trägt auf seiner glatten Oberfläche wiederum die Imitation einer Holzmaserung. Dieser »Monolith« steht als haptisches, reales Element im »Virtual loop«, als einziges dreidimensionales Objekt neben den virtuell dreidimensionalen Bildern. Eine Art »Märchen-Brunnen« oder Bild-Quelle.

Ihre Intensität erhält die Ausstellung »Virtual loop« nicht nur durch das Verhältnis der simulierten Raumbilder zum -tatsächlich leerbleibenden- Ausstellungsraum selbst.
Das Spiel mit den Dimensionen und Wahrnehmungsebenen greift natürliche Vorgänge auf. Kontinuität und Bruch, Irritation und Erfaßbares, Metamorphosen, Stillstand und Bewegung stehen im »Virtual loop« in Form und Inhalt in enger Beziehung und schaffen dadurch eine eigene bezaubernde Wahrnehmungswelt.

--Holle Rauser