loop special project

KONKRET ABSTRAKT
Ausstellung 12.06.–17.07.2021






KONKRET ABSTRAKT
Anni Albers, Bärbel Dornier, Carla Guagliardi, Birgit Hölmer, Rebecca Michaelis, Maria Muñoz, Fiene Scharp, Amalia Valdés

Sinnliches fehle, der Vorstellung seien enge Grenzen gesetzt – oft wird der Begriff „abstrakt“ so verwandt. Umgekehrt gilt „konkret“ als Gegensatz hierzu, im Sinn von anschaulich, greifbar, gegenständlich.
Die von dem Berliner Kurator Rüdiger Lange für Anahita Contemporary konzipierte Gruppenausstellung konkret abstrakt zeigt Werke von Künstlerinnen, bei denen dieser vermeintliche Gegensatz im Dialog von Fläche und Raum aufgehoben ist.

Aus verschiedenen Ländern kommend sowie teils unterschiedlichen Generationen angehörend, ist allen Künstlerinnen die Auseinandersetzung mit Perspektiven auf das Abstrakte und das Konkrete gemein.
Einige der ausgewählten Wandarbeiten und Installationen werden dabei für die Ausstellung neu arrangiert oder gefasst, schaffen so einzigartige Raumsituationen.

Schon vor dem Betreten der Ausstellung fällt der Blick auf einen aus sorgsam arrangierten Klebestreifenresten bestehenden „CUT“ der Berliner Künstlerin Birgit Hölmer. Angebracht auf der Fensterfront der Galerie, wirkt die in abstrakten Formen gefasste, zweidimensionale Arbeit scheinbar dreidimensional in den Raum hinein, lässt Abstraktes und Konkretes changieren.

Als ein Wechselspiel der Formen – dabei die eigene Formhaftigkeit in Frage stellend – zeigt sich die Installation „Partitura IV“ der in Berlin und Rio de Janeiro lebenden Carla Guagliardi: Schaumstoffbälle sind hier seriell mit Sperrholzplatten kombiniert; zu sehen ist eine räumliche Notation über Aspekte von Gravitation, Haftung, Ausdehnung und Elastizität.

Den filigranen, wie Zeichnungen wirkenden Papierschnittarbeiten von Fiene Scharp liegen abstrakte Raster einerseits, konkrete, verschiedenfarbige Schnittbögen andererseits zugrunde. Indem die Berliner Künstlerin Strukturen manuell ausschneidet, dabei entkernt oder dekontextualisiert, legt sie neue Ordnungen offen. Durch Überlagerung entstehen dreidimensionale oder verdichtete Gefüge mit neuen Flächen und Gliederungen.

Die Wandskulptur der in Chile geborenen Berlinerin Maria Muñoz entstammt ihrer Serie „Unbound Space“. Inspiriert von der Textiltradition der Mapuche, Ureinwohner*innen des Zentrums und des Südens Chiles und Argentiniens, basiert die teils bemalte Holzstruktur auf den Darstellungen, Figuren, Symbolen und Zeichen, die in den gewebten Decken der Mapuche dargestellt sind. Als hervorgetretene, plastische Ableitung einer Textilkomposition sind die Zeichen nun gleichermaßen in Fläche und Raum, sind konkret gewordene Abstraktion.

Die 1981 in Santiago de Chile geborene und in Berlin lebende Amalia Valdés untersucht in ihren Arbeiten – oft Wandreliefs mit Bezug zur Kultur indigener Völker Südamerikas – u. a. geometrische und raumproduzierende Aspekte von Rastern. Die Betrachtenden werden in der Begegnung mit ihren hier matten, dort glänzenden, dann reflektierenden Arbeiten zu aktiv Beobachtenden, die Veränderungen von Form, Farbe und Licht entsprechend ihrer Perspektive und der Position ihrer Körper wahrnehmen.

Anni Albers, 1899 (als Annelise Fleischmann) in Berlin geboren und 1994 in Orange, Connecticut gestorben, ist nicht nur aufgrund ihrer Tätigkeiten u. a. als Leiterin der Weberei am Bauhaus in Dessau als eine der einflussreichsten Persönlichkeiten abstrakter Kunst und Gestaltung des 20. Jahrhunderts bekannt. Insbesondere ihre so vielseitig experimentellen wie stilprägenden Textilarbeiten gehören zum Kanon moderner Form- und Farbsprache. Unter ihren weniger bekannten Papierarbeiten verweisen die gezeigten Siebdrucke auch auf die historische Relevanz abstrakter, konkreter und minimalistischer künstlerischer Positionen, sie lassen sich gleichzeitig perspektivisch, gar architektonisch lesen.

Auf den ersten Blick sind Bärbel Dorniers Arbeiten Hybride zwischen Bild und Objekt: Durch Abrundung der Kanten und Bearbeitung der Ränder unterlaufen sie die Trennung von Malerei und Skulptur. Auf den monochromen Grund des Bildträgers setzt die Künstlerin exakt ausgerichtete Linien. Der minimalistisch zu nennende Ansatz beschränkt sich auf den von Grund und Linien gebildeten Farbkontrast, denn gleichzeitig erhalten die Arbeiten durch die Verwendung von Tadelakt, einem aus Marokko stammenden, als hochwertig konnotierten Kalkhaftschichtputz aus handwerklicher Tradition, ein energetisches Moment.

Das großformatige Objekt der Berliner Künstlerin Rebecca Michaelis sensibilisiert für eine veränderte Wahrnehmung des Ausstellungsraums, es stimuliert aber auch das Erleben der eigenen Perspektivänderung: die Verschiebungen zwischen zwei- und dreidimensionalem Erfassen der Linien und Formen finden bei ihrem Mobile nicht nur im Spiel der Objektbewegungen statt, sondern ebenso durch aktive Standortwechel der Betrachtenden im Raum. Was eben noch Volumen andeutete, ist nun zweidimensionale Zeichnung im Raum – was eben noch konkret im Raum stand, scheint eine Drehung weiter nunmehr abstrakt geworden. Im fortwährenden Dialog mit Raum und Betrachtenden befindet sich das Objekt auch in einer thematischen Schwingung mit den anderen in der Ausstellung gezeigten Arbeiten.


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