Be Water #1

Kerstin Ergenzinger

Pluvial
A Sono Tactile Architecture
7.9. –  12.10.2019


Mit Pluvial eröffnet Kerstin Ergenzinger das neue Ausstellungsformat Be Water im B-Part Exhibition Am Gleisdreieck. Nach ihrer einzigartigen Arbeit Raumtaster für Standart International #4 Spatial Clearings, einer ortspezifischen Lichtzeichnung, die mit einem zur programmierbaren Zeichenmaschine modifizierten Overheadprojektor entstand, wird die Zusammenarbeit nun fortgesetzt.

Ihre skulpturale Rauminstallation folgt der assoziativen Qualität des Regenrauschens und untersucht die sinnliche und philosophische Beziehung zwischen Mensch und Ort, indem sie den horchenden Körper mit Momenten verbindet, in denen Nähe und Atmosphäre bisher unbekannte Bedeutungsebenen gewinnen.

Das 80-kanalige Rauminstrument besteht aus selbstgefertigten, digital gesteuerten Trommeln, welche nach dem String-Drum-Prinzip arbeiten und die Formgedächtnislegierung Nitinol als Instrumentendraht verwenden. Die hängenden Trommeln balancieren schwebend in einem großen wolkenartigen Mobile. Ihre metallischen Resonanzrohre heben und senken sich an den wärmeempfindlichen, kinetischen Nitinolsaiten und senden und klopfen an- und abschwellende Rhythmen und rauschende Harmonien durch den Raum. Pluvial lädt ein, sich in die akustischen und taktilen Klänge hinein zu begeben und ihnen zu folgen.

Regen materialisiert weißes Rauschen: moduliert durch die Tropfengröße und die Intensität des Niederschlags, akustisch und taktil gefiltert durch die Qualität der Umgebung, auf die die Tropfen treffen. Analog zum Phänomen Regen werden diese String-Drums mit zufälligen An-Aus-Spannungsimpulsen angesteuert, welche wiederum durch die Dichte und Intensität von gesammelten Niederschlagsmessungen auf den Weltmeeren moduliert werden.

Es entsteht eine akustische Umgebung, die sich in Zeit und Raum entwickelt. Denn der physikalische Körper der Trommelwolke mit seinen unterschiedlichen Resonanzfrequenzen und deren Harmonischen wirkt wie ein Satz von Bandbreitenfiltern - definiert durch die unterschiedlichen Rohrlängen, -breiten und -materialien, sowie durch die zufallsbedingt variierenden Spannungen der Trommelfelle. Zusätzlich ist jede Trommel mit einem rückkoppelnden Pendel ausgestattet, das im erhitzten, vollangezogenen Moment die Schaltung unterbricht und die Rhythmen der einzelnen Trommeln weiter auseinanderlaufen lässt.

So simuliert und erzeugt Pluvial akustisch regnerische Bedingungen: sei es ein einzelner Niederschlag oder die anhaltenden Regenfälle einer bestimmten Jahreszeit, ein Klima von variabler Länge oder eine von starkem Niederschlag gekennzeichnete geologische Episode.

Die Klanginstallation knüpft an die Erfahrung an, bei wechselnden Witterungsbedingungen draußen zu sein, an die Wahrnehmungsoffenheit, die entsteht, wenn man diesen ungeschützt ausgesetzt ist. Durch ihre Skulpturalität und ihre zeitgleich nicht direkt über die Form erfahrbare Signifikanz entwickelt die Arbeit einen phänomenartigen Charakter und öffnet einen Erfahrungsraum, der sich an der Schnittstelle zwischen Kunst und Wissenschaft bewegt. Über auditive und visuelle Reize werden Empfindungen evoziert, ähnlich wie Regen Gedankenschweifen und traumähnliche Reisen anstößt.


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