B-Part Exhibition

LAURE CATUGIER
BAUTOLERANZ
Ausstellung 16.9. – 30.10.2021




Die aktuelle Einzelausstellung bei „B-Part Exhibition“ greift das Thema der „Bautoleranz“ auf. Die französische, in Berlin lebende Künstlerin Laure Catugier (*1982) wendet diesen Begriff aus dem Hochbau, der das Zusammentreffen unterschiedlicher Baumaterialien regelt, auf ihre großformatigen Fotocollagen an. Von uns als standardisiert wahrgenommene, global verwendete Architekturelemente werden von Catugier in ungewohnte Zusammenhänge gebracht und damit visuell analysiert. In den raumbezogenen und teils installativen Arbeiten entsteht so auch ein neuer Blick Architektur der Gegenwart und der Zukunft.

Im Bauwesen versteht man unter dem Begriff der „Bautoleranz“ eine zulässige Abweichung von einem garantierten Wert. Erst die Einhaltung solcher Toleranzen ermöglicht es, dass bei der Fertigung und Montage von Hochbauelementen die vorgesehenen Funktionen auch erfüllt werden können. Wichtigkeit bekommt die Bautoleranz vor allem dann, wenn unterschiedliche Bauelemente oder -materialien aufeinander stoßen.

Am Ort der zukünftigen „Urbanen Mitte Am Gleisdreieck“, einem Ort, an dem verschiedene Akteure und Akteurinnen zusammentreffen, wirkt Bautoleranz nun ins Innen und zum Außen der aktuellen wie der geplanten Architektur: als Titel der aktuellen Einzelausstellung von Laure Catugier bei „B-Part Exhibition“ wird die „Bautoleranz“ gut sichtbar nach außen zur Öffentlichkeit hin kommuniziert – auf dem dieAusstellung annoncierenden Banner vor dem „B-Part“ – während innen, für ebendiese Öffentlichkeit, von Grenzen herkömmlicher Wahrnehmung künstlerisch abgewichen wird:

Die in Toulouse geborene, in Berlin lebende Künstlerin testet anhand von fotografischem Material im Ausstellungsraum, wie sich Architektur mit einem Außen verbindet und wie durch Entfremdung gewohnter Wahrnehmungscodes ein neuer Blick auf gebaute Umwelt entstehen kann. Catugiers schwarz-weiße, großformatig auf Posterflächen aufgedruckte Fotocollagen zeigen Architekturelemente (Außenwände, Treppenstufen, Fenster etc.), die von ihr so verschachtelt dargestellt und dabei so sinnfällig kombiniert werden, dass sich erst auf den zweiten Blick erklärt, wo die Grenzen der Einzelmotive verlaufen: Ist der graue Himmel dort eigentlich eine Brandwand? Wie kann der gedachte Schatten der Garagen hier so selbstverständlich auf dem Nachbarmotiv auftauchen? Um viele verschiedene Gebäude handelt es sich eigentlich? Ist es nur eines oder gar eines je Einzelmotiv?

Der Grund für diese Verwirrungen der Wahrnehmung liegt darin, dass Catugier ausschließlich von uns als standardisiert wahrgenommene (Nachkriegs-)Architektur-elemente abbildet, die (fast) überall auf der Welt sein könnten – und tatsächlich (fast) überall auf der Welt von der Künstlerin aufgenommen wurden. Unterstützt werden diese mit scharfem Blick erzeugten Perspektiven auf globale Architektur dadurch, dass Catugier durchgängig mit den Maßstäben spielt wie auch, dass auf ihren Fotos keine Menschen zu sehen sind, das Abgebildete bei ihrem jederzeit humorvollen Spiel mit Geometrie im Raum so eigenartig modellhaft, dabei ausgesprochen skulptural wirkt. Hier wird plastisch, dass die Künstlerin neben ihrem Master in Kunst und Design auch ein Bachelor-Studium in Architektur abgeschlossen hat.

Flankiert werden Catugiers Collagen bei „B-Part Exhibition“ sowohl durch zwei Arbeiten aus ihrer Serie „Balconing“, die die Technik der Fotocollage sachte ins dreidimensionale überführen und so auf das Motiv des Schattenspiels fokussieren als auch durch eine Videoarbeit („Split“), bei der die Künstlerin mit den Mitteln der Computerzeichnung ein weiteres Ratespiel um Dimensionen, Flächen und Räume, Grundelemente bildlicher Repräsentation und Bedingungen architektonischer Behauptungen eröffnet.

Der Ausstellungsraum B-Part Exhibition begleitet die künftige Entwicklung der Urbanen Mitte Am Gleisdreieckmit künstlerischer Autonomie und tritt somit zugleich in einen Dialog mit den übergeordneten Themen des Gesamtprojekts – Formen des New Work, Co-working, Kultur und Sport – und schafft Synergien zwischen künstlerischen, kulturellen und sozialen Ansätzen. Künstlerischer Leiter des B-Part Exhibition ist Rüdiger Lange (loop – Raum für aktuelle Kunst).