MOVING GROUNDS #1
Public Dreams, Rituals and Prototypes
24. Mai – 6. Juni 2019

Michael Dobbie

Was ist ein inspirierender oder ermutigender öffentlicher Raum? Wie unstimmig ist die Forderung nach einem Raum, der für den Einzelnen sicher und persönlich ist, und gleichzeitig offenbleibt, um den Bedürfnissen aller gerecht zu werden? Anhaltende Veränderungen in unserem Leben und die Notwendigkeit auf stetige Informationsströme einzugehen, die sozial, politisch, kulturell und ökologisch auf uns zukommen, finden sich überall. Wo können wir erfinderischer, konstruktiver und kreativer sein, wenn es um unser Zusammenleben geht und wie könnte eine ideale städtische Erfahrung dies unterstützen?

Für die Dauer von zwei Wochen soll auf diese Fragen gemeinsam eingegangen werden, indem jede Annahme über soziale Strukturen aufgehoben und in zukünftige Utopien geblickt wird. Mit der Geschwindigkeit des Wandels in unseren verschiedenen Welten Schritt zu halten bedeutet, Prioritäten neu zu entdecken.
Eingeladen wird zu täglichen Werkstätten und sozialen Experimenten, um die Vorstellungen des öffentlichen Raums und die Möglichkeiten des gemeinsamen Lebens, Lernens und Schaffens zu erweitern. Das Bewusstsein für die Art und Weise, wie wir uns im öffentlichen Raum bewegen, soll geschärft, soziale Kompetenzen gefördert und damit einen Mehrwert für unser Zusammenleben geschaffen werden. Öffentliche Räume werden kollektiv gestaltet und sind daher stark von den sozialen Praktiken abhängig, die ausgeübt werden. Durch die Aneignung neuer Perspektiven auf das eigene Selbst kann die Gestaltung unserer Gemeinschaft überdacht werden.

Durch tägliche somatische Praktiken wird sich in offene Diskussionen und verschiedene Formen des öffentlichen Denkens begeben, der gemeinsame Raum wahrgenommen, gestaltet und ein idealer Prototyp angesteuert. Auf typische Kommunikationsannahmen soll verzichtet werden, um eine persönliche Sprachgestaltung und Grundpunkte des Seins zu unterstützen. Der geschaffene Raum fördert Praktiken des aufmerksameren Hörens über die Sinne und die Intuitionen des Körpers, um ihn sicher für innere und äußere Welten, für Traum und Realität, persönlich und öffentlich zu machen. In Anlehnung an sogenannte desire lines werden Entwürfe einer sich herausbildenden somatischen Erkenntnis skizziert. Diese entstehenden Formen werden zum Prototyp für einen alternativen Gesellschaftsorganismus, basierend auf kollektiver Erkenntnis und sozialer Organisation.

Die Veranstaltung findet im B-Part Exhibition am Gleisdreieck statt und ist offen für alle, die sich einbringen möchten. Der Zugang ist barrierefrei. Jeder Tag wird sich, ausgehend von vorgeschlagenen sozialen Praktiken, selbst organisieren. Eigene kreative oder künstlerische Praktiken, Vorschläge und Fragen sind willkommen.



Abschlusstext

Public Dreams, Rituals and Prototypes war eine zweieinhalbwöchige Residency, die sich mit der urbanen Zukunft und der Erweiterung der Möglichkeiten sozialer Kreativität, Engagement und Beteiligung befasste. Im B-Part Exhibition wurde ein anpassungsfähiger öffentlicher Raum geschaffen, um zu erforschen, wie persönliche, nicht zuletzt auch körperliche Aspekte die Art und Weise prägen, wie wir uns sozial organisieren, zusammenarbeiten, lernen und gemeinsam der Zukunft entgegentreten. Eine entscheidende Idee war es, einen Raum der sozialen Integration und Vielfalt zu schaffen. Es fanden kreative, künstlerische Prozesse statt, aber auch Workshops, um den typischen künstlerischen Kontext zu überwinden und auch Anwohner und Passanten auf der Ebene der einfachen, alltäglichen Belange des Lebens einzubeziehen und zu involvieren.

Eine kleine Gruppe von wiederkehrenden Teilnehmer*innen begann, eine Gemeinschaft zu formen, investierte Ressourcen, Fähigkeiten und Zeit in die Anfänge der sehr unterschiedlichen (persönlichen) Vorschläge und Anregungen. Der „offene Raum“ brachte verschiedene spontane Formen hervor, neu aufkommende Strukturen wurden erkannt und begannen sich zu etablieren, und es entstanden immer wieder neue Formen und Prototypen von sozialer Interaktion, Ritualen und Erkenntnissen. Es war ein Raum, der einzigartigen Qualitäten und Möglichkeiten entwickelte.
Dieser Ansatz und der Wunsch einer vielfältigen Beteiligung konnte im gegebenen Zeitrahmen nicht in Gänze realisiert werden. Der Aufbau von Vertrauen, Konsistenz und Zuverlässigkeit in der öffentlichen Gemeinschaft braucht Zeit. Es handelte sich um einen ständigen Balanceakt zwischen der Einladung in einen klar strukturierten Veranstaltungsraum und der Etablierung eines offeneren, freieren und improvisierten Raumes, der andere Formen der kreativen Phantasie (ohne Vorbedingung und Begrenzung üblicher sozialer Annahmen) und aufkommende Prozesse ansprechen würde. Dennoch konnten aus den zwei Wochen wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden, welche nun in der Fortführung des Projektes fruchten können. Die Arbeit wird nun in ein- und zweitägigen Veranstaltungen in und rund um Berlin fortgesetzt.

Michael Dobbie
Kontakt über mishek@hotmail.com.