Zora Janković - Kompakt


Die aktuelle Einzelausstellung der in Berlin lebenden Künstlerin Zora Janković (*1978) bei „B-Part Exhibition“ zeigt, wie vielgestaltig und gleichzeitig reduziert das Prinzip der Verdichtung in Skulptur und Bild künstlerisch gefasst sein kann. Indem sich Janković in ihren Arbeiten (Marmor, Beton und Stahl, Fotografie) auf die auch zufälligen Effekte fokussiert, die die genaue Ausführung künstlerischer Techniken in Bildhauerei und Fotografie hervorbringen kann, öffnet sie gedankliche und konkrete Räume hin zu einem konzentrierten formalen Verständnis vermeintlich figurativer Elemente.

Nach „Konstrukt“ und „Konkret“, vorangegangenen Ausstellungen von Zora Janković, nun also: „Kompakt“. Als die Künstlerin nach einem Titel für ihre aktuelle Ausstellung bei „B-Part Exhibition“ suchte, stand dieser Begriff sofort im Raum – und dies mehr als metaphorisch, schwingt bei „kompakt“ doch bereits die Vorstellung von etwas Materiellem, räumlich Ausgedehntem, Skulpturalem mit. Nicht ohne Grund – denn der Faktor, dass die lateinische Vorsilbe „com-/con-“ im Sinn von „völlig“ verwendet werden kann, deutet hier auf die abgeschlossene Arbeit, die definitive Aussage, das künstlerische Statement hin. Dass Jankovićs Titelwahl also auf den Begriff fiel, der auf die Dichte eines Objekts fokussiert und Fragen der Figuration zunächst zurückstellt, ist angesichts der zu sehenden Arbeiten nur folgerichtig:
Die Motive der korrespondierend im Raum verteilten zwei Serien (Fotografie, Marmor) und drei Einzelarbeiten (Beton und Stahl) mögen zwar im Kopf Bilder zu Verwandtschaften der zu sehenden Skulpturen und Bilder etwa zu bestehendem Architektonischen aufrufen, jedoch sind Fragen etwa nach Form und Material für Jankovićs Arbeiten entscheidender als eindeutige bauhistorische Referenzen. So lassen sich die Skulpturen „MONUMENT II.11“ und „MONUMENT II.13“ je nach Positionierung des/der Betrachtenden als grundlegend andere Konfiguration von Material im Raum lesen. Was eben noch auskragte und Fragen nach Stabilität und Schwerkraft aufwarf, wirkt aus um 90 Grad gedrehtem Blickwinkel wie selbstverständlich aufragend und tatsächlich kompakt. Hier wird der Prozess des Betrachtens auch zur Reflexion über den Prozess der Produktion: was an der Form ist material- und technikbedingt, was erscheint willentlich geformt und geplant, was hat sich ergeben, und was ist der Schlüssel zum Verständnis der Arbeiten? Schroffe, gerade, runde, hohle, eckige, wuchtige und geschmeidige Formelemente sind es, die die Künstlerin ihren Arbeiten eingebaut hat, und im Zusammenspiel mit den mal durch den Guss roh belassenen, mal glatt geplätteten Betonelementen zeigen die Skulpturen eine Vielgestaltigkeit, die jenseits des zu Sehenden insbesondere auf den Prozess ihrer Entstehung verweist. Die sich auf dem für den Guss verwendeten Material Gips ergebenden Farbigkeiten in fast allen Schattierungen des Schwarz-weiß-Spektrums verstärken den Effekt, Objekten gegenüberzustehen, deren Thema auch jenes Feld ist, in dem sich Planbarkeit und Zufall treffen.
Mit einem ähnlichen Farbspektrum wie die „MONUMENT“-Skulpturen sind auch die acht Fotografien der „SERIE NF713“ versehen: Janković hat hier kleinformatige zwei- und dreidimensionale, von ihr hergestellte Elemente aus verschiedenen, teils farblich bearbeiteten Materialien mit einem fotografischen Verfahren dokumentiert, bei dem die zu sehenden Filmpositive wie ihr negatives Gegenstück wirken. Der somit verdrehten Differenz der Hell-dunkel-Kontraste fügt Janković eine Komponente hinzu, die sich nur dem geübten Auge sofort erschließt: abwechselnd sind jeweils die subtraktiven Grundfarben Gelb oder Magenta so verwendet, dass im Dialog der Bilder miteinander das abstrakt bleibende Abgebildete mal schärfere, mal weichere Konturen und Flächen aufweist. Nicht zuletzt der Umstand, dass die Künstlerin die für die Herstellung der Bildmotive verwendeten Elemente nach der Produktion der Serie entsorgte, weist darauf hin, dass bei dieser Serie, die auch an Schwarz-weiß-Kontraste erkundende Fotoexperimente aus Avantgarden des 20. Jahrhunderts denken lässt, das Skulpturale nur Mittel zum Zweck ist, das Bildhafte im Zentrum steht.
Nicht ohne Absicht und mit Rücksicht auf den sich verändernden Lichteinfall direkt neben einem Fenster des Ausstellungsraums an der Wand montiert, befinden sich die vier Elemente von Jankovićs jüngster Serie „RM1“ – aus schweizerischem Cristallina-Marmor geschnittenen, von der Künstlerin bearbeiteten Blöcken. Vom Zürcher „Material Archiv“aufgrund der starken Verzahnung der Mineralkörner als „kompakt“ definiert, weist sich das von Janković verwendete Material vor allem durch ein hohes Lichtspiegelungspotenzial aus. Dieses Potenzial nutzend, hat Janković die zum Ausstellungsraum hin weisenden Flächen der vier Marmorblöcke unterschiedlich so bearbeitet, dass bei genauem Hinsehen verschiedenste Lichteffekte entstehen, während die grobe, durch Halbrundungen teil unregelmäßige Form der Blöcke eher Schatten-, als Lichteffekte hervorruft. Beides zusammen verstärkt einen Zustand, in dem die Arbeit als Mischform aus Bild- und skulpturaler Serie besteht, was weiterführende Fragen zum formalen Verständnis der Arbeit aufwirft sowie zur Rolle, die das für Wandarbeiten eher unübliche Material Marmor in diesem Rahmen spielen kann.

Der Ausstellungsraum B-Part Exhibition begleitet die künftige Entwicklung der Urbanen Mitte Am Gleisdreieckmit künstlerischer Autonomie und tritt somit zugleich in einen Dialog mit den übergeordneten Themen des Gesamtprojekts – Formen des New Work, Co-working, Kultur und Sport – und schafft Synergien zwischen künstlerischen, kulturellen und sozialen Ansätzen. Künstlerischer Leiter des B-Part Exhibition ist Rüdiger Lange (loop – Raum für aktuelle Kunst).